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NEU: Das neue Handelsgesetzbuch der Türkei im Überblick

Das neue Handelsgesetzbuch ist am 01.07.2012 in Kraft getreten. Das Gesetz bringt erhebliche Neuerungen mit sich, die vielseitige Auswirkungen auch auf den Deutsch-Türkischen Rechtsverkehr bzw. auf Investitionsvorhaben in der Türkei haben werden. Für den deutschen Investor ist es daher sinnvoll, sich mit den grundlegenden Änderungen vorab auseinanderzusetzen.

Hier sollen daher in der gebotenen Kürze die wesentlichen Änderungen dargestellt werden:

1. Grundsätzlich ist anzumerken, dass sich an den Gesellschaftsformen nichts geändert hat. Es gibt nach wie vor die Personengesellschaften, also die Kollektiv- und die Kommanditgesellschaft. Daneben die Kapitalgesellschaften, nämlich die Aktiengesellschaft, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (die türkische Limited), die Kommanditgesellschaft auf Aktien und die Genossenschaft.

Bei allen Kapitalgesellschaften können außer Geldeinlagen auch Sacheinlagen eingebracht werden, wobei bei Sacheinlagen ein „Bewertungsbericht“ erforderlich ist. Bei der Gründung der Gesellschaft ist notwendig eine Satzung sowie jetzt neu eine Erklärung der Gründer. Daneben muss der Verfahrensprüfer einen Gründungsbericht erstellen.

2. Änderungen bei der  "Limited Şirketi" vergleichbar mit der deutschen GmbH:

  • Das Stammkapital der Limited wurde von 5.000,- TL auf 10.000,- TL erhöht (ca. 4.500,- €) und muss sofort vollständig eingezahlt werden.
  • Die Limited kann nun auch mit einem Gesellschafter (natürliche oder juristische Person) gegründet werden, mind. zwei Gesellschafter sind nicht mehr erforderlich. Die Anzahl der Gesellschafter darf 50 nicht überschreiten. Eine bestehende Limited mit mehreren Gesellschaftern kann auf einen Gesellschafter reduziert werden, wobei dies innerhalb einer bestimmten Frist ins Handelsregister eingetragen werden muss.
  • Einer der Gesellschafter muss befugt sein, die Limited zu führen und zu vertreten, wobei mind. einer der Geschäftsführer sich in der Türkei aufhalten muss. Verstoß gegen diese Regelung kann zur Auflösung der Gesellschaft führen. 
  • Zwingende Organe der Limited sind die Generalversammlung und der Geschäftsführer. Bei juristischen Personen als Geschäftsführer müssen diese zu ihrer Vertretung eine natürliche Person bestellen, die in das Handelsregister eingetragen und veröffentlicht wird.
  • Das sog. „Ultra-vires-Prinzip“, nämlich dass Geschäfte, die sich nicht im Rahmen des satzungsmäßigen Gegenstandes der Gesellschaft bewegen, unwirksam sind, wurde aufgehoben.

3. Änderungen bei der  „Anonim Şirketi“ (Aktiengesellschaft):

  • Das Mindeststammkapital der AG muss 50.000,- TL (ca. 22.000,- €) betragen. Bei einer Nicht-Publikums-AG jedoch mind. 100.000,- TL (ca. 45.000,- €).
  • Auch bei der AG ist eine Gründung mit einem Anteilseigner (natürliche oder juristische Person) möglich. Eine bestehende AG mit mehreren Gesellschaftern kann auch auf einen Gesellschafter reduziert werden. Dies muss innerhalb einer bestimmten Frist im Handelsregister eingetragen werden.
  • Die sog. Stufengründung ist nicht mehr möglich. Im neuen Gesetz gibt es nur noch die Einheitsgründung.
  • Die Organe der AG sind nach wie vor die Generalversammlung, der Vorstand und die Buchprüfer. Ein-Mann Vorstand ist jetzt möglich. Daneben gibt es ungewöhnliche Neuerungen wie, dass 1/4 der Vorstandsmitglieder einen Hochschulabschluss haben müssen, wobei diese Bedingung beim Ein-Mann-Vorstand keine Anwendung findet. Mindestens ein vertretungsbefugtes Vorstandsmitglied muss sich in der Türkei aufhalten und türkischer Staatsangehöriger sein. Verstoß gegen diese Regelung kann zur Auflösung der Gesellschaft führen.
  • Wie früher auch, werden die Vorstandsmitglieder für max. 3 Jahre bestellt und müssen selbst nicht Anteilseigner sein.
  • Durch Beschluss der Generalversammlung können die Vorstandsmitglieder jederzeit abberufen werden. Solange keine Übertragung der Geschäftsführung auf einen anderen Vorstandsmitglied oder Dritten vorliegt, obliegt die Geschäftsführung allen Vorstandsmitgliedern.
  • Der Vorstand beschließt nunmehr mit einfacher Mehrheit. Vorstandssitzungen auf elektronischem Wege sind möglich.
  • Neu ist auch die Regelung, dass Darlehen an Gesellschafter verboten sind. Etwaige Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber müssen die Gesellschafter bis zum 01.07.2015 zurückführen.
  • Nach internationalen Rechnungslegungsstandards sind im neuen HGB drei Prüfungen vorgesehen:
    • Dauerhafte Abschlussprüfung durch eine unabhängige Prüfungsgesellschaft
    • Verfahrensprüfung für bestimmte Vorgänge (Kapitalerhöhung, Fusion, Spaltung etc.)
    • Sonderprüfung bei unklaren Sachverhalten

4. Alle Kapitalgesellschaften, d. h. die Limited, AG und KG auf Aktien müssen spätestens ab dem 01.07.2013 eine Website einrichten bzw. die jetzige an die neuen Regelungen im HGB anpassen. Alle Bekanntmachungen nach dem Gesetz, z. B. Einladungen zur Generalversammlung, jegliche Belege, Erklärungen, die die Aktionäre und Gesellschafter wissen sollten, z. B. ein Wertgutachten über eine Sacheinlage etc. müssen auf der Website veröffentlicht werden. Etwaige Beschlüsse des Vorstands, jegliche Berichte und Entscheidungen bezüglich Fusionen, Spaltung, Umwandlung, aber auch Jahresabschlüsse sowie dazugehörige Anlagen etc. müssen auf der Website ebenso veröffentlicht werden.

Wie der obigen exemplarischen Auflistung zu entnehmen ist, hat der Gesetzgeber, um der absoluten Transparenz und wohl auch der Kontrolle Rechnung zu tragen, die Veröffentlichungspflichten für die Kapitalgesellschaften auf deren Website erheblich überspannt, so dass jetzt schon zu befürchten ist, dass diese Regelungen in der Praxis kaum halten werden. Es würde daher nicht überraschen, dass zumindest ein Teil dieser Vorschriften in absehbarer Zeit revidiert werden könnten. Jedenfalls drohen bei etwaigen Verstößen hiergegen erhebliche strafrechtliche Sanktionen.

5. Daneben wurden die Regelungen zur Fusionen, Spaltung und Umwandlung im neuen Gesetz komplett neu und ausführlich geregelt. Ferner gibt es detaillierte Regelungen zu beherrschenden und verbundenen Unternehmen sowie eine Reihe von Vorschriften zu unlauterem Wettbewerb, die an dieser Stelle nicht näher ausgeführt werden.

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