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Automatischer Informationsaustausch über Finanzkonten in Steuersachen zwischen Deutschland und Türkei

Das Bundesministerium für Finanzen veröffentlichte am 01.07.2020 eine Liste von Staaten für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten in Steuersachen (kurz AIA). In dieser Liste mit über 100 Ländern findet sich nun auch die Türkei, mit der auch der Informationsaustausch stattfinden soll.

Bereits seit 2014 ist der automatische Informationsaustausch (AIA) ein zentrales Instrument zur Bekämpfung grenzüberschreitender Steuerverkürzungen/Steuerhinterziehung. Grundlage für den AIA ist das von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) entwickelte Multilaterale Competent Authority Agreement (MCAA), in dem mit dem sog. Common Reporting Standard (CRS) ein einheitlicher Mindeststandard festgelegt wurde. In Deutschland wurde der CRS durch das Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz vom 21.12.2015 (FKAustG) ins nationale Recht umgesetzt.

Bei dem automatischen Informationsaustausch melden hauptsächlich die Banken (auch Versicherungen), neben Konto- und Depotbeständen, auch Informationen über Zinsen, Dividenden oder Veräußerungsgeschäften, die auf dortigen Konten gutgeschrieben werden. Kontobewegungen sind jedoch nicht Inhalt der auszutauschenden Datensätze. Betroffen sind hierbei deutsche Steuerpflichtige (ganz egal ob deutscher oder türkischer Staatsbürger und umfasst sind sowohl natürliche Personen als auch juristische Personen), die auf ausländischen Konten, d. h. bspw. auf einem Bankkonto in der Türkei, Guthaben etc. haben. Die deutschen Steuerpflichtigen sind kurz gesagt, die Personen, die ihren Wohnsitz bzw. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, d. h. aus Sicht des Staates, in dem sich diese Bankkonten befinden, Steuerpflichtiger des anderen Staates sind. Dann sind die Banken verpflichtet, über diese Personen die entsprechenden Daten an die zuständige Behörde des jeweiligen Landes weiterzuleiten (in Deutschland das Bundeszentralamt für Steuern, in der Türkei quasi das Pendant "Gelir Idaresi Başkanlığı). Diese Behörden tauschen sodann untereinander diese Informationen automatisch aus und geben diese an die für diese Person zuständigen Finanzämter weiter. Die Finanzämter können wiederrum, durch einen Abgleich der Steuererklärungen feststellen, ob die betroffenen Personen diese ausländischen Konten und/oder Erträge in ihrer Steuererklärung angegeben hatten. Sollte dies nicht der Fall sein, werden die Finanzämter nachfragen und nachträgliche Besteuerungsmöglichkeiten prüfen, bis hin zu Einleitung von Strafverfahren wg. Steuerhinterziehung.

Der Informationsaustausch findet jedes Jahr zum 30.09. des Folgejahres für das vergangene Kalenderjahr statt. D. h. für das Jahr 2019 sollte der Austausch zum 30.09.2020 stattfinden, wurde jedoch wg. der Corona-Pandemie auf den 31.12.2020 verschoben. 

Derzeit ist jedoch noch nicht abschließend geklärt, wann nun zwischen Deutschland und der Türkei tatsächlich mit dem Datenaustausch begonnen wird. Laut dem Bundesministerium für Finanzen soll der Datenaustausch zum 31.12.2020 für das Jahr 2019 - somit erstmalig - erfolgen. Laut der türkischen Seite, respektive quasi dem dortigen Bundeszentralamt für Steuern (Gelir Idaresi Başkanlığı) soll aber der Datenaustausch für 2019 zum 31.12.2020 nicht erfolgen. Dies gelte auch für die Länder Frankreich, Niederlande, Belgien und Österreich. Zwischen der Türkei und BRD gibt es somit derzeit hinsichtlich dem Datenaustausch betreffend das Jahr 2019 widersprüchliche Aussagen. Sollte also ein Datenaustausch für das Jahr 2019 nun zum 31.12.2020 zwischen Deutschland und der Türkei nicht stattfinden und mit dem Datenaustausch erst im Jahre 2021 begonnen werden (dann eben zum 30.09.2021), würde sich der Datenaustausch dann erstmalig auf das Jahr 2020 beziehen. Der Datenaustausch betreffend dem Jahr 2019 würde damit ausfallen.  

Wichtig zu wissen an dieser Stelle ist auch, dass ein Datenaustausch für die vorigen Jahre (d. h. für die Jahre vor 2019) jedenfalls nicht stattfindet. Die zuständigen Behörden könnten aber für die vorigen Jahre von dem Steuerpflichtigen Auskünfte verlangen und ggf. Kapitalerträge schätzen.

Die Steuerpflichtigen sollten daher mit ihren Beratern, sofern die oben genannten Erträge auf den ausländischen Konten etc., in der Steuerklärung nicht ordnungsgemäß angegeben wurden, die Möglichkeit der Nacherklärungen und strafbefreienden Selbstanzeigen gem. § 371 AO in Erwägung ziehen. Diese Möglichkeit sollte dann aber vor dem Beginn des Informationsaustausches genutzt werden, da Erklärungen danach als nicht strafbefreiend wirken könnten, da in diesem Fall die Tat bereits entdeckt wäre.

Rechtsanwalt Karaman,

Stuttgart, Stand: 30.09.2020

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